Die Geschichte des Papiers: Vom ägyptischen Papyrus bis heute

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Schauen Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz um, dann merken Sie schnell: Papier ist allgegenwärtig. Ob Kopierpapier, Notizzettel, Schreibblock, Mappen, Heftstreifen, Verpackungen, Kuverts, Küchenpapier oder gar Toilettenpapier: seit mehr als 5.000 Jahren begleitet die Menschen Papier. Alles zur Geschichte des Papiers in Kürze:

  • Der Name Papier leitet sich vom Papyrus ab, der ab ca. 3.000 v. Chr. in Ägypten erstmals hergestellt wurde.
  • Die Erfindung des bis heute üblichen, wassergebundenen Papierherstellungsprozesses fand jedoch erst ab etwa 105 n. Chr. in China statt. Dabei wurden Seidenabfälle mit Pflanzenfasern mittels Stampfen, Kochen und Entwässern zu Brei zerlegt und dann abgeschöpft und getrocknet.
  • Erste Papierveredelungen wie die Leimung, Färbung oder Parfümierung des Papiers gab es ab dem 2. Jahrhundert in China. 100 Jahre später wurde hier zudem das Toilettenpapier aus Reispapierbaumfasern erfunden.
  • Über Asien und den Orient gelangt die Papierherstellung im 12. Jahrhundert nach Europa und erreicht 1690 schließlich Amerika.
  • Die Erfindung des Buchdrucks 1450 treibt die Mechanisierung der Papierherstellung voran.
  • Im 18. Jahrhundert werden erste Bleichverfahren angewendet.
  • Ab 1843 setzt sich die Herstellung von Papier aus Holzfasern durch.
  • Seit 1866 wird die Papierproduktion schrittweise industrialisiert und automatisiert. Dabei unterliegt vor allem das Holzaufschlussverfahren starken Weiterentwicklungen.
  • Das für die Umwelt schädliche Bleichen mit Chlor wird ab den 1980ern durch die Verwendung von Elementarem Chlor (ECF) und Sauerstoffverbindungen wie Ozon oder Wasserstoffperoxid (TCF) in Europa ersetzt.
  • Die Papierforschung entwickelt ab dem 21. Jahrhundert durch innovative Technologien wie die Nanotechnologie hochfunktionale Papierveredelungen mit spezifischen Eigenschaften.

Das Papier des Pharao: Wie entstand Papyrus?

Haben Sie Papier schon einmal bewusst betrachtet und gefühlt? Es ist sehr glatt, superdünn, lichtdurchlässig, leicht faltbar und vor allem weiß. Die ersten Papiere hingegen bestanden aus dünnen Schichten des am Nil wachsenden Papyrusschilfes. Diese wurden ab ca. 3000 v. Chr. in Ägypten so lange gepresst, bis der austretende Pflanzensaft die Streifen fest miteinander verklebte. Nach der Trocknung entstand ein Papier mit einer rauen, unregelmäßigen Oberfläche in einer beige-gelben Farbe, das nicht faltbar, dafür aber zu Schriftrollen gerollt werden konnte. Dabei leitet sich der Name Papyrus vom altägyptischen Wort „pa-per-aa“ ab, das übersetzt so viel wie „im Besitz des Pharao“ bedeutet und deutlich macht, wie wertvoll Papyrus seinerzeit war. Da per Definition Papier jedoch erst dann Papier genannt werden darf, wenn bei der Herstellung ein Entwässerungsvorgang stattfindet, geht die eigentliche Erfindung des Papiers nicht auf die Ägypter zurück, sondern auf die Chinesen.

Chinapapier: Liegt die Wiege von Papier in China?

Kennen Sie Chinapapier? Es ist besonders weich, saugfähig, leicht gelblich und eignet sich daher hervorragend für Kupferstiche und Radierungen. Auch das erste handgeschöpfte Papier der Welt muss ähnliche Eigenschaften aufgewiesen haben. So beschrieb 105 n. Chr. der chinesische Beamte Ts`ai Lun die Herstellung von Papier aus Seidenabfällen, Hanf, alten Lumpen, Fischernetzen, Baumrinde oder Bast des Maulbeerbaumes . Mittels Stampfen, Kochen und Entwässern wurde aus diesen Zutaten ein Brei hergestellt, der dann mit einem Sieb abgeschöpft und anschließend noch gepresst, getrocknet und geglättet wurde. Dabei entstand eine beschreibbare schöne Blattseite und eine durch den Siebabdruck unregelmäßigere Blattrückseite, wie Ts`ai Lun umsichtig vermerkt.

Erste Edel-Looks für Papier: Was bringt die Leimung?

Papiertaschentücher sind eine moderne Erfindung? Mitnichten! Denn bereits im 2. Jahrhundert gab es in China Papiertaschentücher und schon im 3. Jahrhundert fügten findige Chinesen dem Papierbrei Leimstoffe in Form von Stärke bei, was die Papieroberfläche glatter und gegenüber Tinte und Tusche weniger saugfähig machte. Auch wurde das Papier in diesem Zeitraum erstmals durch Farbstoffzugabe individuell gefärbt. Aus dem dünn geschälten und getrockneten Mark des Reispapierbaums produzierte man in China zudem bereits im 6. Jahrhundert erstmals Toilettenpapier. Dabei ließ sich die kaiserliche Familie ihre Toilettenpapiere sogar parfümieren.

Wie kam das Wissen über die Papierherstellung nach Europa?

Über Thailand, Korea und Japan, wo zwischen 300 und 700 der schwimmende Schöpfsieb erfunden wurde, gelangte die wasserbasierte Technik der Papierherstellung zunächst in den Orient. Hier entwickelten sich bis ins 10. Jahrhundert vor allem die Städte Samarkand, Bagdad, Damaskus und Kairo zu Zentren der Papierherstellung. Aber auch im spanischen Valencia, wo der Papierrohstoff Flachs großflächig angebaut wurde, erblühte das Papiermacherhandwerk in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Erfolgte bis dahin die gesamte Papierproduktion noch von Hand, so revolutionierten die Spanier im Jahr 1144 den Herstellungsprozess, indem sie für das Zerstampfen und Reißen der Rohstoffe in Xativa erstmals die Wasserkraft einer Mühle einsetzten. Über Frankreich (Troyes 1340) und Italien (Fabriano 1238), wo zur Produktionskennzeichnung der Papiere das in den Schöpfsieb eingearbeitete Wasserzeichen erstmals verwendet wurde, gelangte die neue Technologie schließlich nach Nürnberg. Hier errichtete der Großhändler Ulman Stromer 1390 die erste Papiermühle nördlich der Alpen und legte damit den Grundstein für die weitere Verbreitung der Technologie, die im Jahr 1690 durch den deutschen Auswanderer und Papiermacher William Rittenhouse letztlich auch Germantown im US-amerikanischen Pennsylvania erreichte.

Gutenberg und der Holländer: Wie schreitet die Mechanisierung voran?

Ab 1450 verwendete der Mainzer Goldschmied Johannes Gutenberg erstmals bewegliche Lettern aus Metall für ein schnelleres mechanisches Papierdrucksystem und erfand damit den modernen Buchdruck. Fortan stieg der Bedarf an Papier rasant, sodass auch in den Papiermühlen Weiterentwicklungen stattfanden. Als eine herausragende Erfindung galt der sogenannte Holländer. In Holland ab 1670 als Zylindermahlmaschine für das Zerreißen von Lumpen zu Fasermaterial im Einsatz, verbreitete sich die mit einer Messerwalze im Rundlauf arbeitende Technologie schnell in Europa und löste die bis dahin eingesetzten Lumpenstampfwerke ab.

Wie entstand weißes Papier? Erste Bleichtechniken

Die unterschiedlich farbigen Lumpen wurden bereits bei der Produktionsvorbereitung farblich sortiert, sodass aus blauen und roten Lumpen rosafarbene oder hellblaue Papiere hergestellt wurden. Erst die Experimente des französischen Chemikers Claude Louis Graf Berthellet brachten 1784 das Verfahren der Chlorbleiche hervor. Als Bleichmittel wurde das ab 1792 im französischen Javel produzierte Eau de Javel (Javelwasser) verwendet, das bis heute das beliebteste Bleich- und Desinfektionsmittel in Frankreich ist.

Gibt es auch andere Rohstoffe für die Papierherstellung?

Da das Angebot an Lumpen den durch den Buchdruck, das aufstrebende Zeitungswesen und die Gründung von Universitäten rasch ansteigenden Papierbedarf im 18. Jahrhundert nicht mehr decken konnte, fanden zunehmend auch Versuche mit anderen Materialien statt. Dabei erwies sich Holz als besonders geeignet, wie der deutsche Erfinder Friedrich Gottlob Keller 1843 durch die Entwicklung des Holzschliffpapiers, das aus einer Mischung aus fein geschliffenem Holz und Lumpen bestand, bewies. Mit der Erfindung des Holzschleifers 1850 wurde nur wenige Jahre später das Fundament für die maschinelle Produktion des Holzschliffpapiers gelegt und im Zuge der aufkommenden Industrialisierung weiter automatisiert. In der Folge konnte 1872 schließlich auch das bereits 1756 in Preußen aufgrund des Lumpenmangels erlassene Lumpenausfuhrverbot wieder aufgehoben werden.


Wann wurde Recyclingpapier erfunden?

Recyclingpapier ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts? Keineswegs! Denn bereits 1774 entdeckte der deutsche Jurist Justus Claproth, dass sich die Druckfarbe aus Papier mittels Terpentinöl und Wascherde wieder herauswaschen lässt. Doch setzte sich das sehr aufwendige, erste Deinking-Verfahren zunächst nicht durch und gewann erst in den 1950ern wieder an Bedeutung. Auslöser dafür war die Einführung des Flotationsverfahrens: Dabei werden die meist in Wasser gelösten unterschiedliche Papierstoffe mittels Gaseinblasung nach oben geschwemmt. Denn das Gas lagert sich nur an den hydrophoben Stoffen von Papier ab und schwemmt diese dann nach oben. Da Druckfarben hydrophob sind, lassen sie sich einfach von den hydrohphilen Zellstofffasern im Papier trennen. Das Flotationsverfahren wird bis heute eingesetzt und ist inzwischen so weit verfeinert worden, dass der Weißegrad von Recyclingpapier jenem von Frischfaserpapieren in nichts nachsteht.


Wie kann die Papierherstellung industrialisiert werden?

Für die Herstellung von Papier aus Holz können sowohl Laub- als auch Nadelhölzer verwendet werden. Da diese Baumarten jeweils eine andere chemische Zusammensetzung besitzen, wurden die Verfahren zur Papierherstellung weiter perfektioniert und automatisiert. Insbesondere der Holzaufschluss und damit die Aufspaltung des in den pflanzlichen Zellwänden eingelagerten Lignins, welches Papier vergilben lässt, es spröde macht und zudem seine Weiße beeinträchtigt, unterlag industrietechnologischen Weiterentwicklungen:

Sulfitverfahren 1866
Um aus harz- und kieselsäurearmen Hölzern Lignin erfolgreich zu entfernen, werden die Holzschnitzel zum Beispiel von Fichten bis zu 15 Stunden im mit Calciumhydrogensulfit gefüllten Druckkocher erhitzt.

Sulfat-Zellstoff-Verfahren 1884
Um aus harzreichen Hölzern oder einjährigen Pflanzen Lignin abzuspalten, werden Hackschnitzel oder Pflanzenstängel im Druckkessel bis zu sechs Stunden in Natronlauge, Natriumsulfit und Natriumsulfat gekocht.

Pulper löst Holländer ab 1945 ab
Ab 1945 wird der seit über 275 Jahren eingesetzte Holländer durch industrielle Pulper ersetzt. Im Pulper können nicht nur größere Mengen an Rohstoffen zu Zellstoff verarbeitet werden, sondern der Produktionsprozess ist auch deutlich schneller und damit energieärmer und effizienter.

Organocell-Verfahren 1987
Als umweltfreundlichste und ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft gestaltete Zellstoffproduktion gilt das Organocell-Verfahren: Darin werden Holzschnitzel in einer Ethanol-Wasser-Mischung in mehreren Kochstufen und unter Zusatz von Natronlauge auf bis zu 190 °C unter Druck erhitzt, bis sich Lignin und Hemicellulose auslösen. Gleichzeitig werden Ethanol und Natronlauge über ein Recyclingverfahren wieder für erneut für die Zellstoffproduktion verfügbar gemacht und die Abfallstoffe Lignin und Hemicellulose werden für die Weiterverwendung in der chemischen Industrie aufbereitet.


Ab wann gab es die chlorfreie Bleichverfahren?

Das bereits seit 1784 angewandte Bleichen mit Chlor führte zu einer starken Belastung der Abwässer mit organischen Chlorverbindungen, sodass die Papierhersteller ab 1980 dazu übergingen, umweltfreundlichere bis hin zu komplett chlorfreien Bleichverfahren einzusetzen:

ECF (Elementary Chlorine Free)
Für das Bleichen von Zellstoff im ECF-Verfahren kommt kein Chlorgas mehr zu Einsatz, sondern andere Chlorverbindungen (z. B. Chlordioxid oder Hypochlorid). Dadurch wird die Menge an umweltschädlichen Verbindungen um bis zu 80 % reduziert und die Freisetzung von umweltschädlichen Dioxinen kann in modernen Produktionsanlagen zudem noch weiter reduziert werden. Damit gelten die ohne elementaren Chlor gebleichten Papiere als wirtschaftlichste und umweltverträglichste Lösung in der EU.

TCF (Totally Chlorine Free)
Im TCF-Bleichverfahren werden zum Bleichen des Zellstoffs Sauerstoffverbindungen wie Ozon oder Wasserstoffperoxid eingesetzt. Heute gibt es Produktionsmethoden, die den Wert der Umweltbelastung durch Dioxine bei der TCF-Bleiche unter der Nachweisbarkeitsgrenze halten. Grundsätzlich sind mit TCF gebleichte Papiere nicht ganz so weiß und müssen nach der Bleiche noch besonders behandelt werden, um eine gute Papierstabilität zu erhalten.

PCF (Process Chlorine Free) bei Recyclingpapieren
Da für die Herstellung von Recyclingpapier Altpapier zum Einsatz kommt und bei diesem nicht mehr nachträglich bestimmt werden kann, ob es mittels TCF- oder ECF-Verfahren gebleicht wurde, gilt die Bezeichnung PCF nur für den Bleichprozess von Recyclingpapieren und garantiert damit, dass die zweite Bleiche des Altpapiers ohne Chlor oder Chlorverbindungen erfolgt.


Wie sieht das Papier der Zukunft aus?

Von Inkjet- und Laserdruck-Papier über Foto- und Farbpapier bis hin zu Plotter- und Plakatpapier – heute gibt es weltweit über 3.000 verschiedene Papierarten. In Forschungseinrichtungen wie der 1951 von den Unternehmen der deutschen Papierindustrie gegründeten Papiertechnischen Stiftung (PTS) geht die Weiterentwicklung von Papier bis heute kontinuierlich weiter. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Veredelungstechnologien. Denn was mit der ersten Leimung vor 2.000 Jahren in China begann, setzt sich heute zum Beispiel in der Nanoummantelung oder -beschichtung der Papierzellstofffasern fort. Je nachdem, aus welchem Ausgangsmaterial die Nanopartikel hergestellt sind, lassen sich auf diese Weise wasser- und feuerresistente, fluoreszierende, magnetische oder antibakterielle Papiere produzieren. Wir dürfen also gespannt sein, wie sich die Papiere der Zukunft entwickeln und mit welchen Eigenschaften sie aufwarten werden


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